Über meine Arbeit
2021
Themen meiner künstlerischen Arbeit sind menschliches Navigieren und Orientieren, und die Sehnsucht nach dem Unbekannten und Unerreichbaren.
Wir Menschen reisen um die ganze Welt und es zieht uns, mit vielen anderen, an die entlegensten Orte. Und wenn uns das nicht möglich ist, besuchen wir diese Orte virtuell. Die geologische Oberfläche unserer Welt ist weitgehend erforscht und zugänglich. Mittlerweile sind wir an einem Punkt, wo sich die Natur durch unsere Ausbreitung und unsere Sehnsüchte verändert.
Mich fasziniert dieses urmenschlichen Streben nach unberührter Natur und nach dem fernen Unbekannten. Für mich sind schneebedeckte hochalpine Landschaften Sinnbild dieser Sehnsucht. Das Gefühl der Erhabenheit, das schon die Romantiker mit Gebirge verbunden haben, stellt sich für mich beim Anblick dieser unberührten Gipfelketten und beschneiten Berge ein – vielleicht weil sie in ihrer Höhe und Weite dem Himmel nah scheinen?
Ich suche und sammle Artefakte aus den Anfängen des Alpinismus – eine Zeit, in der sich immer mehr Menschen für das Hochgebirge als Sehnsuchtsort interessierten und sich dazu aufmachten, die Berge zu besteigen und zu vermessen.
Meine Sammlung an historischen Schwarz-Weiß-Fotografien hochalpiner Gebirgslandschaften, mit Bildern zeitlos entrückter Orte und ursprünglicher Natur dienen mir als Vorlagen für meine Zeichnungen und Collagen. Durch Schneiden und Neu-Fügen komponiert ich fiktive Bergformationen und Bildszenen und spiele bewusst mit Brüchen und irritierenden Größenverhältnissen.
Die Zeichnungen falte ich auf, so werden sie zu einer Art räumlichem Guckkasten mit ‘Ausblick’ in eine fiktive Landschaft. Die Collagen kombiniere ich mit transluzentem Pergamin, was das Entrückte des Motivs noch verstärkt.
In den neusten Arbeiten verwende ich die Zeitzeugnisse als Material an sich. Ich bin fasziniert von der Oberfläche der Fotoabzüge, der Haptik des Papiers der Landkarten, Bildbände und Panoramen aus dieser anderen Zeit. Ich freue mich an den Zufällen, die durch das Spiel mit dem Material einhergehen. Das Falten und Bearbeiten dieser Artefakte wird zu einem Dialog zwischen mir und dem Material, der Räumlichkeit und der Lichtbrechung auf der Suche nach Entdeckungen und Perspektiven in eine neue Landschaft.
Ulrike Heydenreich